Der heutige Gerichtsplatz in Bozen stammt von 1939 bis 1942, als er als Arnaldo-Mussolini-Platz angelegt wurde. Vorgesehen war er bereits im Stadtbebauungsplan von 1933/34, als ein "Groß-Bozen" geplant wurde. Der damalige Sitz der Faschistischen Partei Italiens beherbergt heute das Bozner Finanzamt, und darüber prangt ein riesiges Relief von Hans Piffrader, das Mussolini im Zentrum hoch zu Ross zeigt. Das gesamte Relief besteht aus 57 unterschiedlich breiten und 2,75 m hohen Reliefplatten, die eine Breite von 36 Metern einnehmen. Das 95 Tonnen schwere Gebilde ist das größte noch erhaltene Relief aus der Zeit des italienischen Faschismus.

2011 wurde ein Ideenwettbewerb zur Neugestaltung dieser Fassade ausgeschrieben. Anstatt das Monumentalrelief abzunehmen, wurde entschieden, die überfälligen Hinweise auf dessen Entstehungsgeschichte anzubringen und es als Mahnmal für die Nachwelt zu erhalten. Die Teilnahme war groß - aus den 486 eingereichten Vorschlägen wurden fünf Siegerprojekte bestimmt, darunter jenes der beiden Grödner Künstler Arnold Holzknecht und Michele Bernardi. Sechs Jahre später wurden die Leuchtbuchstaben "Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen" in den drei Landessprachen deutsch, italienisch und ladinisch über das Monumentalrelief gesetzt.

Nach der Dämmerung erstrahlt der Gerichtsplatz unter diesem Ausspruch, der Hannah Arendt, einer jüdisch deutsch-amerikanischen Philosophin, zugeschrieben wird. Es ist ein unvollständig zitierter Satz aus einem Radiointerview von 1964. Mit dem kompletten Ausspruch "Kein Mensch hat bei Kant das Recht zu gehorchen." wollte die Philosophin am Fall Adolf Eichmanns, eines SS-Obersturmbannführers, aufzeigen, dass totalitäre Regime konsequenten Gehorsam verlangten und eine bürokratische "Herrschaft des Niemand" ausübten. In diesem Zusammenhang rief sie dazu auf, politisches Handeln und Sprechen zu lernen, da es in die persönliche Verantwortlichkeit eines jeden fällt. Und wie ist das Relief zu erreichen? Der Gerichtsplatz befindet sich im zentralen Viertel Gries-Quirein, die Buslinie Nr. 8 hält unter anderem dort. Das Relief ist 10 Minuten zu Fuß vom Dokumentationszentrum im Siegesdenkmal entfernt, das ebenfalls von dieser Zeit erzählt.